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A Blog by German Photographer Nils Bröer

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At the Zoo

The Zoo in Almaty is supposed to be the largest one in Kazakhstan and I've been warned to go there more than a couple of times since it is not known for being really animal-adequate.

I went there for shooting a series on film and it turned out to be an exhausting journey watching stupid children screaming like hell to get the attention of a Leopard trapped in twenty-squaremeter cage.

Zoo - a unique museum of wildlife. This place, where people come together with their relatives and friends to have a rest from city noise and daily household vanity. Live animals possess huge attractive force, probably, therefore exactly here, in zoos, city dwellers again and again open for themselves magnificence of the wild nature, admire its beauty and start to understand, how it is important to care of preservation of unique biological diversity.

http://www.almatyzoo.kz















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Victory Day in Almaty







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Astana



"Humanism played an important role in the medieval period, when it liberated humankind from the age of god. But in the age of the machine, the human race has allowed itself to succumb to the delusion that, with machines in its employ, it has attained the role of god and can row rule the entire world, the entire universe. Today, humanism has become identical with human superiority and logos-centrism. This human superiority of the age of the machine is counterproductive in the age of life, with its emphasis on the environment and ecology. 

(...)

In the age of life, the movement will be from dualism to the philosophy of symbiosis. Symbiosis is essentially different from harmony, compromise, amalgamation, or eclecticism. Symbiosis is made possible by recognizing reverence for the sacred zone between different cultures, opposing factors, different elements, between the extremes of dualistic opposition. The sacred zone of another's individuality, or a region's cultural tradition is an unknown region, and though we respect that sacred zone. If our respective sacred zones are too all-encompassing, symbiosis, efforts must be made to achieve extended dialogue, mutual exchange, and to discover other positive contributing factors. The belief that all aspects of a particular people's lives are an inviolable sacred zone, an exclusive type of nationalism or a closed regionalism, are not conductive to achieving symbiosis.

The second condition necessary to achieve symbiosis is the presence of intermediary space. Intermediary space is so important because it allows the tow opposing elements of a dualism to abide by common rules, to reach a common understanding. I call this a tentative understanding. Intermediary space does not exist as a definite thing. It is extremely tentative and dynamic. The presence of intermediate space makes possible a dynamic, vibrant symbiosis that incorporates opposition.

(...)

Hasn't our urban planning since the war, based on the logic of functionalism, too strictly separated private from public space? Having imbibed the draft of the Western God of reason, our cities have been divided into cramped, individual, private spaces and, including our roads, broad public spaces. Now that our streets, which once had many uses, are overflowing with automobiles they have lost their image as scenes of dense urban life and become perilous rivers that separate us. This separateness can only increase the alienation of urban dwellers. Though I do not count myself among those who rather hysterically ask that we entirely outlaw automobiles from cities, certainly there is a need to restore the importance that the intermediary space of the street once played in our lives. 

One of the important tasks of the architecture of symbiosis is to oppose architecture based on the rationalism and dualism of modernism with architecture that incorporates intermediary space and is full of charm and mystery."

Kisho Kurakawa. Each One a Hero: The Philosophy of Symbiosis. 3rd Edition. New York. 1997.

Online-Version: http://www.kisho.co.jp/page.php/292

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Die Zeitung und die Kaffeetassen

Ein Zeitungskiosk in Belgrad - Aus Serbien ist WAZ-Medien Gruppe schon längst rausgeflogen. / © Nils Bröer

In der Essener Verlagszentrale der Funke-Gruppe (ehem. WAZ-Gruppe) hat man sich etwas Neues ausgedacht, um den grassierenden Relevanzverlust der WAZ-Titel (Westdeutsche Allgemeine Zeitung / WAZ, Westfälische Rundschau / WR, Westfalenpost / WP, Neue Ruhr Zeitung / NRZ) noch ein bisschen zu beschleunigen. Nachdem man Ende März die Hälfte der Fotografen des WAZ-Fotopools rausgeschmissen hat, setzt man nun in Essen auf die Leser. Der Vorgang zeigt vor allen eines: 


Beim WAZ-Schlachtfest des Qualitätsjournalismus führen Köche das Messer, die eigentlich von Sahnetorten träumen.


Eine App namens "Scoopshot" soll den dezimierten Titeln ab sofort dabei helfen, die "Lebenwirklichkeit in der Region noch besser abzubilden". Das Vorhaben ist billig und traurig zugleich und es markiert einen weiteren Nullpunkt der Versuche des Verlages, doch noch irgendwie mit der digitalen Welt Schritt zu halten. Die Rhetorik, mit der man versucht, alten Wein in neuen Schläuchen an die Leser zu bringen, verfängt nicht, schlimmer noch: Das Handeln des Verlages setzt die Existenz journalistischer Inhalte aufs Spiel.

Niemand sei "näher dran als der Bürger" verkündete Oliver Multhaup, selbst ehemaliger Pressefotograf und seit 2009 Geschäftsführer der WAZ New Media in Essen, Anfang April auf der derwesten.de. Unter dem Titel "Zeigen Sie uns mit Scoopshot die nervigsten Schlaglöcher"  gab der ehemalige Leiter der Bildredaktion von BILD NRW die Marschrichtung vor, mithilfe derer die WAZ versucht, ihre desolate Personalpolitik der letzten Monate zu kaschieren. Die Idee ist alt und simpel:  Leser sollen Bilder per Smartphone aufnehmen und an die Redaktion liefern. Abgedruckte Fotos werden mit 20 Euro honoriert. Eine gute Sache will man meinen - für beide Seiten. 

Wenn alles nach Plan läuft, dann haben die Redaktionen der WAZ bald Zugriff auf einen unerschöpflichen Bildvorrat: Der umgekippte LKW auf der Autobahn; das lustige Häschen, das sich auf der Osterwiese tummelt; der Kanzlerkandidat beim Abendessen in der Stadthalle, doch leider stinkt der Fisch vom Kopfe. 

Weil man gemerkt hat, dass man ohne Fotografen plötzliche keine Bilder mehr bekommt, sollen nun die Leser in die Bresche springen, Amateure werden so zu Produzenten bildjournalistischer Relevanz - mit allen Risiken und Nebenwirkungen. 

Während man in Essen noch verzweifelt nach dem Rettungsanker sucht, ist das Schiff längst leckgeschlagen.

Programmatisch geht der Verzicht professioneller Bildberichterstattung über in einen eklatanten visuellen Sensationalismus. Mit einer Für-WAZ-Vorort-Hobbyfotografie verjubeln die WAZ-Titel ihren Anspruch bildjournalistischer Sorgfaltspflicht und befeuern den Weg in die eigene Bedeutungslosigkeit. Waren bislang noch Zeitungsfotografen in der Region unterwegs, um das Tagesgeschehen zu dokumentieren, werden sie nun zunehmend von Amateuren verdrängt. Angesichts einer zunehmenden Überalterung des Leserstamms der WAZ-Titel werden in naher Zukunft Enkel und Urenkel mit ihren iPhones das tägliche Bildangebot für ihre Großeltern liefern.

Man mag das alles für nebensächlich halten und befinden, der Text sei interessanter, Bilder wären egal, man sehe ja eh' nicht so genau hin. Die Praxis zeigt indes: Solche Positionen sind Unfug, denn die Zeiten, in denen die Redakteure zusammen mit ihren Bildreportern durch's Städtchen zogen - immer auf der Jagd nach guten Geschichten - sind vorbei. Wer jemals in einer Lokalredaktion gearbeitet hat, kennt den Druck der Produktion. In der Regel bleibt es an den Fotografen hängen, Geschichten jenseits von Terminjournalismus und dem obligatorischen Griff zum Telefonhörer zu recherchieren, denn ihnen bleibt nichts anderes übrig, als sich Tag für Tag, Abend für Abend in der Stadt, in der sie arbeiten, zu bewegen, um mit Leuten zu sprechen, während die Textkollegen ihre Arbeit zunehmend vom Schreibtisch aus erledigen müssen. Man kann über den Taubenzüchter lachen, der einen zweistöckigen Schlag in seinem winzigen Garten errichtet, man kann auch über den Schrotthändler lachen, der über eine ganz passable Kollektion antiker Fahrzeuge in der Garage verfügt oder über die Familie, die mit einer Ziege an der Leine Gassi geht. Man kann diesen Leuten aber auch zuhören und eine gute Lokalgeschichte daraus machen. Für jedes Beispiel gilt: Solche Geschichten erfährt man nie, wenn man am Schreibtisch sitzt und Pressemitteilungen umformuliert und man erfährt sie schon gar nicht, wenn man auf knipsende Leser setzt. Solche Geschichten sind die Essenz der Lokalberichterstattung. Neben all den Ratssitzungen, Kaninchenzüchtern, Autohauseröffnungen und Kinderfesten geben sie den Lesern einen Grund, überhaupt erst die Zeitung aufzuschlagen; nämlich um dann etwas zu erfahren, das sie eben noch nicht kannten - und sei die Stadt auch noch so klein.

Wer glaubt, auf solche Geschichten verzichten zu können, der sollte so ehrlich sein und sein Blatt als kostenlosen Anzeigenträger unter die Leute bringen. Mit der Westfälischen Rundschau ist die Funke-Gruppe jedenfalls auf dem besten Weg. Von der Erfindung der Zeitung ohne Redaktion war die Rede, als man Anfang des Jahres beschloss, der gesamten Belegschaft zu kündigen und die Lokalteile von der früheren Konkurrenz bestücken zu lassen. Als WR-Chefredakteur Malte Hinz in der Phase der Redaktionsabwicklung seinen Kollegen im Lokalen dann auch untersagte, über ihr eigenes Ende zu berichten litt das Vertrauen der Leser ganz gewaltig. Es hagelte Kündigungen und auf Facebook überschlugen sich Leser in gegenseitiger Hilfe, um möglichst schnell aus dem WR-Abo rauszukommen. Am Ende blieb branchenübergreifend nicht als Spott, Häme und Verachtung für das neue Funke-Konzept übrig. Zum krönenden Abschluss deklassierte sich Hinz eindrucksvoll bei seinem bis zu Lächerlichkeit entstellten Auftritt im NDR-Magazin Zapp. Nebulös fabulierte er dort von gerechtfertigter Zensur, um Arbeitsplätze zu sichern und vom spannenden Projekt einer neuen Zeitung, die eine Chance verdiene - das alles zu einer Zeit, in der 120 seiner Kollegen auf die Straße gesetzt wurden. Hinz selbst war übrigens im Zuge des ersten Kahlschlags bei der WAZ 2009 vom Betriebsrat zum Chefredakteur avanciert. Blattintern gibt es viele, die meinen, bei seiner Beförderung sei das Personalkarussell nicht in der optimalen Balance gewesen. 

Lokale Zeitungen brauchen keine Fotografen, sie brauchen Fotoreporter

Man wird niemals gute Geschichten finden, wenn man morgens in der Bildredaktion die Scoopshot-Uploads vom Abend durchsieht und die Hoffnung auf pressefotografische Scoops wird sich aller Voraussicht nach in ständig wiederkehrenden Bildern von Verkehrsunfällen, Sonnenuntergängen und Haustieren erschöpfen. Entlang der Devise Ist das Bild erst ruiniert - lebt sich's gänzlich ungeniert wird Dienst nach Vorschrift gemacht bis - ja bis - dann doch mal etwas passiert. Weil man den Fotografen gefeuert hat, trifft die Situation die Redaktion völlig unvorbereitet. Irgendein Texter wird mit dem iPhone oder der Redaktionskamera schon irgendetwas zustande bringen ... vielleicht. Ansonsten hat man ja noch Scoopshot. 

Der Mord auf dem Parklatz ist kein schöner Termin. Ebenso unangenehm: Der umgekippte Viehtransporter. Denn Schweine, die auf der Autobahn notgeschlachtet werden, schreien in der Regel. Der Neonazi-Aufmarsch ist lustig anzusehen aus der Distanz, aber es kann unangenehm werden, wenn man näher rangeht. Plötzlich ist man mittendrin und leider ist der Kollege, der die Nerven in solchen Situationen behält und gute Bilder liefert ja letztens gefeuert worden: Willkommen in der Welt der Leserreporter.

Am Ende steht dann irgendein visuelles Stereotyp, schlecht komponiert, unscharf, verwackelt, belanglos. Der Bildinhalt fügt der Geschichte zwar nichts hinzu, aber man muss ja 3-spaltig aufmachen. Zum Glück war wenigstens Kollege X für den Text an Ort und Stelle, konnte sich aber schlecht konzentrieren, weil er auch noch Fotos machen musste. 

Auf der Suche nach dem verlorenen Sinn: WAZ 2.0

Zum Auftakt von Scoopshot hat man nach den schönsten Kaffeetassen der Leser gesucht. Das ist zu dumm, um lustig zu sein und zu blöd, um Leser zu binden: Herzlich willkommen in der Welt von WAZ 2.0. 
Ein Leser aus Düsseldorf hat seine tolle rote Bürotasse geknipst. "Ich war's nicht" steht darauf zu lesen. Immerhin, der geistreiche Kommentar "Die perfekte Tasse gegen den Chef" wird der WAZ New Media wohl den Zwanziger wert gewesen sein, ebenso vielleicht wie das Bild eines Steingutbechers mit Katzenmotiv - "Katze geht immer?" - spätestens hier sollte klar geworden sein: Am Fotodesk sitzen ein paar ganz lustige Gesellen. Angesichts des Versprechens "Lassen Sie sich überraschen, welche Herausforderungen wir uns für Sie in den nächsten Wochen ausdenken" kann einem Angst und Bange werden. 

Doch Trotz aller Häme scheint man in Essen ernsthafte Absichten mit Scoopshot zu verfolgen. Man ist ja schließlich immer noch Zeitung und Zeitung hat  gefälligst kritisch zu sein. Also bittet man die knipsenden Leser alsbald darum, auf die Fotopirsch zu gehen und ein paar eindrucksvolle Schlaglöcher zu dokumentieren. Eingedenk des langen Winters sollte das keine allzu komplizierte Aufgabe werden. Anschließend will man die Kommunen"mit den Straßenschäden konfrontieren" - verrückte neue Medienwelt.
Wäre die Idee nicht so abgedroschen und der Verdacht billigen Kampagnenjournalismus nicht so virulent, man könnte meinen, es handele sich um einen verspäteten Aprilscherz. 

WAZ-Geschäftsführer Christian Nienhaus hat die Freistellung der Hälfte seiner Fotografen auch damit begründet,  "Freiraum für neue Produkte zu schaffen".  Man kann nur hoffen, dass er dabei nicht an Scoopshot gedacht hat. 
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From Ust with love



Der Flughafen der kasachischen Bergwerksstadt Ust Kamenogorsk ähnelt dann doch eher einem Flugfeld und der Kapitän macht zunächst auch keine Anstalten zu bremsen, nachdem er die kleine Embraer 190 auf dem Boden aufgesetzt hat.

So rast die Maschine über eine kilometerlange holprige Piste im Stil der alten Transitautobahn nach Berlin West und rollt irgendwann langsam aus.

Draußen ist dann erstmal wenig zu sehen: Am nördlichen Horizont kann man die Gipfel des Altaigebirges erahnen, dahinter ist Russland, zweihundert Kilometer weiter östlich beginnt China:

Herzlich willkommen in einer Art Dreiländereck irgendwo in der kasachischen Steppe.



Wir sind für ein deutsches Wirtschaftsmagazin unterwegs, um über die Rohstoffkooperation zwischen Deutschland und Kasachstan zu recherchieren. Vor dem Fall des eisernen Vorhangs war Ust ein Zentrum des sowjetischen Bergbaus und der Metallurgie. Im Boden der Region lagern große Vorkommen seltener Erden, außerdem Titan, Magnesium und Uran, solche Sachen.

Seit der Unabhängigkeit der Republik Kasachstan 1991 haben sich ausländische Investoren hier sehr stark engagiert und die Region Ostkasachstan zu  einem wirtschaftlich und strategisch wichtigen Faktor der Politik des kasachischen Präsidenten Nusultan Nazarbaev gemacht.



In Ust wird viel produziert, getrennt, geschmolzen und gekocht, sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke. Deshalb haben wir uns um die Unterstützung der kasachischen Regierung bei der Recherche bemüht, nicht unbedingt üblich, aber unerlässlich, um nicht vor verschlossenen Türen zu stehen.

Für Fotojournalisten gilt das Motto "it's all about access" noch stärker als für Texter. Wir wollen eine Wirtschaftsreportage machen: Rauchende Fabrikschlote, schmelzendes Uran, eine Bergbauregion im Wandel, das ist unser Thema.



Es gibt auch andere Geschichten, die über Ust erzählt werden, darin geht es um Umweltverschmutzung, gesunkene Geburts- und hohe Krebsraten. In Ust liegen die Extreme zwischen wirtschaftlicher Prosperität und extremer Umweltbelastung eng beieinander. Man ist an einschlägiger Stelle daran interessiert, dieses Verhältnis nicht in die falsche Richtung kippen zu lassen.




Ein paar junge Polizistinnen in wadenlangen Militärmänteln und immensen Pelzkrägen stehen neben der zugigen Landepiste Spalier, um uns in Empfang zu nehmen. Anstatt des Transitshuttles kommt ein kleiner Gepäckwagen.

Nach und nach wanken die Passagiere heraus auf das Rollfeld. Wir sind in Almaty 800 Kilometer weiter südlich bei 22 Grad gestartet, hier sind es jetzt nur noch 6 Grad.

Seit "La Dolce Vita" habe ich eine Schwäche für Rollfelder, auf denen man einfach so herumlaufen kann, doch als ich kurz stehenbleibe, um auf den Text-Kollegen zu warten, wird mir leider klar, dass sich zwischen Italien 1962 und Kasachstan 2013 dann doch etwas geändert hat.

Ich verstehe nicht ganz genau, was mir die freundlichen Pelzkrägen zurufen, beschließe aber schnell, dass dies nicht der geeignete Ort ist, um meinen Idealvorstellungen einer Zeit nachzuhängen, in der das Verhältnis von Reportern und Flughafenpolizistinnen noch durch Gesten wechselseitiger Freundschaftsbekundungen in einer naiven Balance gehalten wurde. Hier ist meine Kamera keine Garantie für ein Lächeln, sondern die Eintrittskarte für den Besuch auf der Wache.

Während die Flughafenlogistik unsere Koffer draußen peinlich akkurat auf das kleine Wägelchen schichtet, suchen wir drinnen schonmal die Gepäckbänder - vergeblich.

Dafür legt der Gepäckwagen eine  halbe Stunde später die 30 Meter vom Flugzeug bis zum Aufenthaltsraum zurück und kippt uns die Koffer direkt vor die Füße, anschließend: Handkontrolle der Gepäckscheine.

Während der Recherche hat man uns zwei Helfer des Außenministeriums (Abteilung Protokoll) zur Seite gestellt.


Eine junge Kasachin hat das Kommando. Sie wirkt ein bisschen zu griesgrämig und ich weiß nicht, ob das daran liegt, dass sie am kasachischen Frühlingsfeiertag zwei deutsche Journalisten vom Flughafen abholen muss oder ob Typen wie wir im System ihrer Sympathie schlichtweg einfach keine Rolle spielen. Ihr Kollege ist ein 23-Jähriger Nachwuchsbeamter. Schmal, jung und überaus höflich spricht er perfektes britisches Englisch. Soweit so gut.

Sie warten vor dem Flughafen auf uns und eine Kostprobe kasachischer Hackordnung wird sogleich an Ort und Stelle definiert:

Der Texter bekommt den Handschlag - der Fotograf wird ignoriert.

Obwohl mich Kollege Florian Willershausen vorstellt, wird mir nur der mitleidige "Auf-dich-haben-wir-gerade-noch-gewartet-du-Idiot-Blick" des weiblichen Teils unserer Aufpasser zuteil. Mir ist das auch ganz recht, zumal ich den Reportageglamour der 60er ja schon auf dem Rollfeld hinter mir gelassen habe.

Im Van mit getönten Scheiben jagen wir zum Hotel. Die Warterei auf das Gepäckwägelchen war nicht einkalkuliert (soso..) und wir hängen dem Zeitplan schon eine Stunde hinterher. Während ich darüber nachgrübele, wie man als Einheimischer wohl kasachische Planungspraxis bzw. deren Unmöglichkeit der Durchführung in Einklang zu bringen gedenkt, zieht die Vorstadt von Ust an mir vorbei.

Entgegen meiner fotografischen Erwartung mangelt es hier eindeutig an 12-stöckiger Plattenbebauung! Stattdessen sehe ich 5-stöckige Chruschtschewskas. Meine Freunde in Almaty hatten mir ein "Shithole" angekündigt, allein ich kann das nicht recht erkennen. Eigentlich sieht die Stadt ganz passabel aus.

Passabel ist auch das Hotel, in das wir einquartiert werden. Der Architekt muss eine Mischung Jagdhütte, kleinstädtischer Commerzbank, Ritterburg und Hauptbahnhof deliriert haben.

Fünf Minuten Zeit, um das Gepäck ins Zimmer zu werfen, dann haben wir den ersten Termin im städtischen Museum - Aufwärmübung zum Erproben freundlicher, aber bestimmter Höflichkeit angesichts eines eher touristischen denn journalistischen Terminplans für die nächsten Tage; Auftaktveranstaltung der wohlkomponierten Selbstdarstellung des Systems.

Der deutsche Fotoreporter soll gefälligst bezahlen, wenn er die ethnografischen Fundstücke der Frühzeit im Heimatmuseum ablichten will, sagt die resolute Dame am Empfang und sorgt dafür, dass mir das unzweifelhafte Vergnügen verwehrt bleibt,  handgearbeitete Replikate, Urkunden, Scherben, Steine usw. zu fotografieren.


Kollege Willershausen gibt mir eine Stunde Freiraum und entlässt mich auf die Straße. Endlich!

Doch die Freude währt nur kurz, ein böser Blick unserer Aufpasserin und ich habe einen Schatten an der Seite. Der 23-Jährige will mitkommen, "damit mir nichts passiert".

Er will mir irgendetwas erzählen und stolpert in meine Bildkader hinein. Er läuft drei Meter vor mir her und hört nicht auf zu reden. Wenn ich Passanten fotografiere, dann nimmt er vorher Blickkontakt mit ihnen auf, um dafür zu sorgen, dass sie sich auch ganz ganz sicher beobachtet fühlen. Ich komme mir vor wie ein Idiot mit Blaulicht auf dem Kopf. Ein ausländischer Fotograf und ein kleiner Mann mit Anzug - die perfekte Basis, um Unauffällig zu arbeiten. Der Reflex ständiger Überwachung sitzt tief in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion und auch in Kasachstan hat man dessen Abbau nach der Unabhängigkeit nicht gerade zugearbeitet.




Irgendwann reißt mir die Hutschnur (ganz genau) und ich muss deutlicher werden. Meinetwegen soll er irgendwo rumlaufen, aber wehe ich sehe ihn noch einmal im Bildkader. Ich verzichte auch gerne auf irgendwelche Erklärungen der Art "Das ist eine junge Familie, die in einem Park spazieren geht." Mir ist es auch ziemlich egal, ob er glaubt, dass die Hinterhöfe, durch die ich ihn jetzt schleppe, nicht seiner  Idee des modernen Kasachstans entsprechen (der Abstand wir immerhin größer, denn der Boden ist matschig und er trägt Slipper). Wenn ich noch einmal höre oder sehe, dass er auch nur irgendwem auch nur irgendetwas sagt, dann knallt's!

Unser Verhältnis hat sich auf dem Rückweg sichtlich abgekühlt und ich fürchte, dass mir das noch zum Nachteil gereichen könnte. Ich gebe mir wirklich Mühe, zu retten was zu retten ist! Mein Impulsreferat zum Thema "Fotojournalismus und Medien und Kasachstan" enthält deshalb fundierte kultursoziologische Standpunkte. Nachdem ich den Jungen mit Luhmanns "Realität der Massenmedien" und dem "Strukturwandel der Öffentlichkeit" von Habermas bekannt gemacht habe, erzähle ich fromm und frei, dass auch meine Vorfahren in Bergwerken gearbeitet hätten, weshalb ich mich stets mit solchen Leuten verbunden fühlte. Schlussendlich gestehe ich ihm, dass ich auch noch sehr gerne die kasachische Sprache lernen würde, um ihn und sein Land wirklich zu verstehen. Siehe da, der Himmel klart sich auf: "Thank you so much for your interest in our culture" - Fall erledigt.




Über den weiteren Verlauf unserer Recherche hat  Florian Willershausen in seinem Blog geschrieben.

Die Arbeit artet in Stress aus. Unser Besuch in der technologischen Universität zu Ust Kamenogorsk wird von einem Kameramann und einem Fotografen dokumentiert. Feierlich wird uns ein Präsentpaket nebst T-Shirt und Basecap überreicht, die Website inform.kz macht einen Artikel über uns und der Gouverneur von Ostkasachstan verehrt uns einen aufwändigen Naturbildband.

Das ist alles sehr nett, aber wir kommen mit der Recherche nicht voran.



Ich stehe jeden Tag um 5.00 Uhr auf, bin um 6.00 Uhr auf der Straße, um liefern zu können, denn bislang habe ich außer einer modernen Fahrzeugfabrik noch keine einzige Eisen-Stahl-Titan-Uran-Was-Auch-Immer-Produktion von innen gesehen.

Dass es auch dabei bleiben wird, dass weiß ich zu diesem Zeitpunkt zum Glück noch nicht. Man versucht stattdessen, uns mit PR-Bildern abzuspeisen und hat reagiert gekränkt, als wir fuchsteufelswild ablehnen.




Am letzten Tag, drei Stunden vor meinem Rückflug, gewährt uns ein Metall- und Magnesiumwerk dann schließlich Zutritt.

Meine Hoffnung, doch noch ein passendes Aufmacherbild zu bekommen, wächst, als wir durch die Lobby der Fabrik geleitet werden. Hier sieht es aus wie im Konferenzsaal von S.P.E.C.T.R.E.

Die Nüchternheit der Eingangshalle überzeugt im Stil sowjetischer Innenarchitektur der 70er Jahre, dahinter erstreckt sich eine pfeilförmige graue Wand aus Drehkreuzen und Wachpersonal dem Besucher entgegen: Foto? - Hoffnungslos -  hier wird nicht nur für zivile Zwecke produziert.

Meine Erwartungen schwinden zusehends. Nach einem Pressegespräch mit der Finanzdirektorin, die ebenfalls aus Sicherheitsgründen (obwohl ich hier eher auf Eitelkeit tippe) ein Bild verweigert, ist klar:
Das wird nichts mehr mit den Bildern aus der Fabrik. Wir versuchen vehement, die Verantwortlichen umzustimmen, aber nach 2-3 Minuten müssen dann plötzlich alle ganz dringend zu einem Gespräch.

Nachdem ich versprechen muss, unter gar keinen Umständen das Innere des Fabrikgeländes zu fotografieren, darf ich es wenigstens von außen versuchen. Währenddessen begibt sich der Textkollege auf einen geführten Rundgang, von dem es später heißen wird, dass er dort alles zu Gesicht bekommen hat, das sich zu Fotografieren gelohnt hätte.  Hätte - Hätte - Fahradkette.

Ich stehe in einer blauen wattierten Werksjacke mit einem dämlichen Helm auf dem Kopf vor der Tor. Es schneit, die Sicht beträgt 10 Meter, neben mir mein Schatten - 15 Minuten Zeit, um vor einer streng bewachten Fabrik doch noch irgendetwas zustande zu bringen. Den Helm hatte ich eigentlich gegen den Schnee mitgenommen, dann aber festgestellt, dass die Werksjacke mit einer komfortablen Kapuze ausgestattet war.

Die Mauern sind hoch, die Gegend ist trist und die Brachfläche vor dem Areal ist in friedliches verschneites Weiß gehüllt. Die Schornsteine sind nicht in Betrieb. Kein Qualm, keine Fabrik, keine Spur von arbeitenden Titanwerkern. Mein Schatten hat jetzt zwei Helme in der Hand.

Es muss schnell gehen und der Arme hat Mühe hinterher zu kommen. Der faselt etwas von Kälte und Schnupfen und seinen neuen Schuhen und überhaupt. Als ich ein Ensemble mit derangierten Toilettenhäsuschen sehe und sie in einer Verzweiflungstat in den Vordergrund rücke, zweifelt Freund Schatten an meiner journalistischen Integrität, denn er will nicht verstehen, was die zerstörten Klos mit der Titanfabrik zu tun haben sollen.



"If you don't want me to shoot something like a shithole, don't make me feel like being in a shithole"

Unsachlichkeit hat einen Namen.

Dann ist der Spass vorbei. Mein Flug geht um 15.00 Uhr, wir rasen zum Flughafen, mein Begleiter wartet bis ich eingecheckt habe, wir verabreden uns zum Abschied auf ein Bier unter besseren Vorzeichen.



© Nils Bröer 2013 / All rights reserved. Copying, printing, publishing, downloading is strictly prohibited and will be legally prosecuted.
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Humms Noir I.


Brille Humms schluckte. Das Licht war erloschen und und mutterseelenallein stand der Schlagersänger in der alten Druckerei. War es eine gute Idee gewesen, sich hier zu verstecken?

Behäbig tastete er sich vorwärts. Dort, neben all den Druckplatten seines Erstlingswerkes "Rot wie Zunge - Mein Leben als Bockwurst" mussten sie noch irgendwo sein; Rollschuhe und sein kleines Männchen aus Wachs, dass ihm bislang immer aus der Tinte geholfen hatte.

Ob es eine gute Idee gewesen war, dem örtlichen Schützenverein auf der Jahreshauptversammlung einfach die Speisekarten zu klauen? Das war jetzt nicht mehr wichtig - keine Zeit mehr, um über solche Mätzchen nachzudenken.

Dabei hatte der Abend hatte eigentlich ganz gut angefangen. Zusammen mit Bommes McFräsig war er spätnachmitags zu "Kohlmeise" aufgebrochen.

In den letzten Monaten hatte sich das Geschäft prächtig entwickelt und die Investition seines Altenteils in diese gutbürgerliche Bierstube schien sich auszuzahlen. Es war eben doch eine gute Idee gewesen, in der Provinz zu investieren hatte er noch gedacht, während Fräsig den Wagen durch das sonntägliche Bad Oeynhausen steuerte:  Erst durch die Deesberger Allee in Babbenhausen, dann durch den Schmiedebrink und vorbei am Wasserkrater "Aqua Magica".

In  Birken und Eschen lag die Stadt bald so weit hinter ihnen, dass der Rathausturm nur noch die Größe eines Blauwals im Senfglas hatte.

Humms hasste diese Landschaft - Alliterationen ebenso. Diese impertinente Grün! Sträucher, Tannen, leere Kannen, dazu ein paar schlecht bestellte Felder und die Bahnstrecke Oberstdorf-Hannover.

Die Kirchenglocken schlugen zum Abendgebet und Humms fühlte sich butterwohl, als er den ersten Zug aus seinem Flachmann nahm, eine schlechte Angewohnheit, die er nach Jahrzehnten im Schlagerbetrieb einfach beibehalten hatte. Was hatte man sich damals im NDR Landesstudio die Kante gegeben!

Auch McFräsig nahm einen tiefen Schluck, schlug sich mit der flachen Hand vor den Kopf und stieß ein wirres Gemurmel aus. Der Wagen machte einen bedenklichen Satz und schlingerte. Humms blickte ärgerlich zu seinem Fahrer herüber.

Trotz seines schottischen Namens war McFräsig eine welpenhafte Erscheinung und Humms befand, dass Fräsig einem Slowenen glich, der im Ausland ein Bier bestellt. Seine gesamte Erscheinung war eine Mischung aus ulkiger Routine und liebenswerter Dankbarkeit.

Um ganz ehrlich zu sein, hätte Humms seine Kumpanen am liebsten an die Wand genagelt als er ihn auf der ersten Eigentümerversamlung der Kohlmeise zu Gesicht bekam:

 "Über der Tür gleich neben dem Hirsch!" Voller Freude hatte sich Humms mit dem Hammer auf McFräsig gestürzt - leider konnte er ihn nicht hängen lassen.

Sei's drum. Bommes war ein feiner Kerl.

In einem Anflug von Argwohn betrachtete Humms die "Kohlmeise", die am Ende eines Feldwegs vor ihnen auftauchte.

....


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Traces of economic crisis in Cyprus

Stell Dir vor es ist Wirtschaftskrise und keiner reist hin.

Zumindest der (griechische) Republik Zypern soll nun mit einen Hilfspaket von bis zu 10 Milliarden Euro stabilisiert werden und ich freue mich, dass ich aus gegebenem Anlass ein paar Bilder beisteuern kann.

Ich bedaure allerdings, dass nicht einmal die Tagesschau darauf hinweist, dass das Rettungspaket lediglich einem Teil der Zyprioten zugute kommt, nämlich den Einwohnern der (griechischen) Republik Zypern.

Der wirtschaftlich wesentlich schwächere Norden der Insel - die Türkische Republik Nordzypern - ist kein Mitglied der Europäischen Union und wird von der internationalen Gemeinschaft nicht als souveräner Staat anerkannt.

Nachdem die griechische Militärjunta 1974 durch einen Putsch versucht hatte den Anschluss Zyperns an Griechenland durchzusetzen, intervenierte die Türkei mit der Entsendung einer Invasionstruppe um die türkische Inselbevölkerung vor Pogromen zu schützen. Seit dem Massaker an türkischen Zyprioten im Dezember 1963 war es immer wieder zu Angriffen auf türkische Enklaven durch griechische Nationalisten gekommen.

Am 15. November 1983 erklärte die Türkische Republik Nordzypern ihre Unabhängigkeit, nachdem die Generalversammlung der Vereinten Nationen in der Resolution 37/253 den Abzug aller Besatzungstruppen gefordert hatte. Zu diesem Zeitpunkt kontrollierte die türkische Armee 37% der Insel.

Mit einer Mehrheit von 76 Prozent lehnte der griechische Süden den Annan-Plan zur Wiedervereinigung mit dem türkischen Norden nur 6 Tage vor dem EU-Beitritt am 24. April 2004 ab.

Bis heute kontrolliert die Friedenstruppe der Vereinten Nationen in Zypern (UNFICYP) die neutralisierte Zone zwischen beiden Republiken, um das Waffenstillstandsabkommen zu überwachen. Das Truppenkontingent wurde jedoch zuletzt aufgrund der Annäherung beider Staaten stark reduziert.

Mit einer Mehrheit von 76 Prozent lehnte der griechische Süden den Annan-Plan zur Wiedervereinigung mit dem türkischen Norden nur 6 Tage vor dem EU-Beitritt am 24. April 2004 ab. Seitdem stagnieren die internationalen Bemühungen zur Wiedervereinigung Zyperns.

Die Grenze der Republik Zypern ist nicht als EU-Außengrenze klassifiziert.


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While the European Union still struggles to work out a coherent strategy to prevent cypriotic bankrupty, caused by negative spin-offs of Greek insolvency in 2012 primarily, the island stands at the crossroads of future development.

Since the Greek part of Cyprus is highly interwoven and dependent from Greece, the Republic of Northern Cyprus is urgently reliant on subventions by the Republic of Turkey.

Although the Republic of Cyprus became a paradise for Russian capital investment and offshore business within the last years, the major branch of economic activities remained to the tourism sector.

Subsequently, tourism industry in the Greek part was developed in accordance with the demands of mass tourism,  similar to the paradigm that took place on Balearic Islands in the 1980s.

As a result of massive over-development, today environmental degradation and deserted beaches remain to be symbols of the Cypriotic contest of economic survival.

See the whole series at www.NilsBroeer.com









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Something I forgot...

Since I got sick of using digital recently I rediscovered an old Nikon Point-and-Shoot camera.

Nothing special for sure, but I like it. One can even take it to the bathtub without being worried about breaking it.










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